Text
Editionsbericht
Werkverzeichnis
Literatur: Storm
Literatur: Brief
Ich nehme unser früheres Thema auf. Ich habe gesagt, der Inhalt liege in den Worten, die Seele dazwischen. Ich will dies etwas näher besprechen, so werden wir uns wohl über Platen vereinigen. – Von der lyrischen (auch von der dramatischen) Poesie kann man sagen, sie soll Naturlaut in künstlerischer Form sein. Ich will hier nur von der Lyrik sprechen und von der Form im einzelnen der Ausführung; daher nicht von der Anlage des Ganzen usw., obgleich dies allerdings auch zur Form gehört. Diese Form im einzelnen der Ausführung (ich weiß sie für den Augenblick nicht besser zu bezeichnen) ist das, was bei Kritiken gewöhnlich den ersten Gegenstand der Besprechung bildet, und die Schönheit und Korrektheit dieser Form ist von Platen vorzüglich hervorgehoben und hat vor allem die Philologen entzückt. Allein, und ich möchte dies nachdrücklich in die Kritik einführen, auch diese Form ist eine doppelte, eine gröbere prosodische und eine feinere geistige, die ganz ungreifbar ist. Die erstere besteht in der eigentlichen Korrektheit des Versbaues und allenfalls in der Harmonie desselben mit der dem Inhalt nach angemessenen Satzbildung, die zweite läßt sich am besten nach ihrer Wirkung beschreiben und besteht darin, daß der Dichter durch sie die Bewegung seines Herzens in frischer Unmittelbarkeit dem Leser mitteilt. Dies geschieht nämlich nicht allein, obgleich auch, durch den Sinn der Worte, sondern zum großen Teil durch ihren Klang und durch das angemessene Verhältnis und Auf- und Nacheinanderfolgen von ein- oder mehrsilbigen Worten, von mehr oder weniger flüchtigen Längen, durch den richtigen Gebrauch der Assonanz und Alliteration im Verse, ja, es [38] kann auch ohne dieselbe die Schönheit des Verses erst ans Licht kommen, wenn in eine einzelne Silbe die gehörigen Konsonanten oder der gerade hier klingende Vokal hineinkommt. Ich wollte mir unternehmen, dies alles mit Beispielen zu belegen. Diese zweite Form ist Sache des Gefühls, vielleicht darf ich sagen des Genies, die erste des Verstandes. In der letzteren ist Platen Meister, obgleich ihm die andere keineswegs abgeht; in der ersten Heine, und, was mehr anerkannt werden sollte, auch Schiller. An einem seiner Verse kannst Du schon alles beweisen, was ich hier gesagt:
Aus den Wolken muß es fallen,
Aus der Götter Schoß das Glück!
Diese letztere Form hat man richtig Seele genannt;
Herder zu seinen
Volksliedern nennt es die Weise, und geht so weit, sie beim Liede
über den Sinn und Inhalt zu setzen; er meint, wenn sich beim Volkslied
erst die richtige Weise gefunden, so werden sich nach und nach auch die
richtigen Worte anfinden. Du nennst sie ja gewöhnlich das Herzbezwingende;
aber es gehört mit zur Form, da es durch rein äußerliche Mittel
erreicht wird, wie denn überhaupt das Wesen der Kunst vorzugsweise,
vielleicht allein in der Form liegt, nur soll man diesen Begriff nicht
zu grob nehmen. – Diese feinere Form ist die, welche es mich
bei meinem poetischen Schaffen vorzüglich zu erfüllen drängt, und ich
bringe ihr die prosodische wohl allerdings mitunter zum Opfer, was
freilich nicht zu billigen ist, da beides sein Recht verlangt. Dennoch setz' ich
die prosodische Form weit unter die andre, und es ist reine Dummheit, auch in
betreff der Form Platen über Heine zu setzen; Heine ist ohne Zweifel der
größte Meister in der Form von diesen beiden. Doch gestehst Du
Platen vielleicht zuwenig ein.
Erstdruck und Druckvorlage
Theodor Storm: Briefe an seine Freunde Hartmuth Brinkmann und Wilhelm Petersen.
Herausgegeben von Gertrud Storm.
Berlin, Braunschweig, Hamburg: Westermann 1917, S. 36-41
Unser Auszug: S. 37-38.
Die Textwiedergabe erfolgt nach dem ersten Druck
(Editionsrichtlinien).
Kommentierte und kritische Ausgabe
Werkverzeichnis
Verzeichnisse
Teitge, Hans-Erich: Theodor Storm. Bibliographie.
Berlin: Deutsche Staatsbibliothek 1967.
Jacob, Herbert (Bearb.): Deutsches Schriftstellerlexikon 1830 – 1880.
Bd. St-V. Berlin: Akademie Verlag 2007.
S. 194-212: Theodor Storm.
Mommsen, Theodor / Storm, Theodor / Mommsen, Tycho: Liederbuch dreier Freunde.
Kiel: Schwers'sche Buchhandlung 1843.
URL: https://mdz-nbn-resolving.de/bsb10857700
URL: https://dibiki.ub.uni-kiel.de/viewer/image/PPN741126605/5/
URL: https://books.google.de/books?id=LZhdAAAAcAAJ
Storm, Theodor: Gedichte.
Kiel: Schwers 1852.
PURL: http://resolver.staatsbibliothek-berlin.de/SBB00018FA700000000
URL: http://www.deutschestextarchiv.de/storm_gedichte_1852
Storm, Theodor: Rezension zu: Lieder der Liebe von M. Ant. Niendorf
In: Literatur-Blatt des Deutschen Kunstblattes.
Jg. 1, 1854, Nr. 4, 23. Februar, S. 14-15.
URL: https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/dkbli
Storm, Theodor: Gedichte.
Zweite vermehrte Auflage. Berlin: Schindler 1856.
URL: http://digitalisate.bsb-muenchen.de/bsb10120883
Storm, Theodor: Gedichte.
Dritte Auflage [Titelauflage]. Kiel: Schwers 1859.
Deutsche Liebeslieder seit Johann Christian Günther.
Eine Codification von Theodor Storm.
Berlin: Schindler 1859, S. XIII-XXII.
URL: https://books.google.com/books?id=nBVkAAAAcAAJ
URL: https://mdz-nbn-resolving.de/bsb11262584
Storm, Theodor: Gedichte.
Vierte vermehrte Auflage. Berlin: Schindler 1864.
Hausbuch aus deutschen Dichtern seit Claudius.
Eine kritische Anthologie von Theodor Storm.
Hamburg: Mauke 1870.
PURL: https://hdl.handle.net/2027/hvd.32044087126256
URL: https://books.google.de/books?id=1SoTAAAAYAAJ
URL: https://doi.org/10.3931/e-rara-69355
Storm, Theodor: Gedichte.
Fünfte vermehrte Auflage. Berlin: Paetel 1875.
Storm, Theodor: Gedichte.
Sechste vermehrte Auflage. Berlin: Paetel 1880.
Storm, Theodor: Gedichte.
Siebente vermehrte Auflage. Berlin: Paetel 1885.
Plotke, Georg J. (Hrsg.): Der Briefwechsel zwischen Paul Heyse und Theodor Storm.
Bd. 1: 1854-1881. München: Lehmann 1917.
URL: https://archive.org/details/derbriefwechselz01heys
Plotke, Georg J. (Hrsg.): Der Briefwechsel zwischen Paul Heyse und Theodor Storm.
Bd. 2: 1881-1888. München: Lehmann 1918.
URL: https://archive.org/details/derbriefwechselz02heys
Storm, Theodor / Schmidt, Erich: Briefwechsel.
Kritische Ausgabe. Hrsg. von Karl E. Laage.
2 Bde. Berlin: Schmidt 1972/76.
Storm, Theodor / Mörike, Eduard;
Storm, Theodor / Mörike, Margarethe:
Briefwechsel, mit Storms "Meine Erinnerungen an Eduard Mörike".
Kritische Ausgabe.
Hrsg. von Hildburg und Werner Kohlschmidt.
Berlin: Schmidt 1978.
Storm, Theodor / Brinkmann, Hartmuth und Laura. Briefwechsel.
Kritische Ausgabe.
Hrsg. von August Stahl.
Berlin: Schmidt 1986.
Storm, Theodor: Gedichte.
Hrsg. von Gunter Grimm.
Bibliographisch ergänzte Ausgabe.
Stuttgart: Reclam 2012 [Nachdr.] (= Universalbibliothek, 6080).
S. 87-103: Texte zu Storms Lyriktheorie (Rezensionen, Vorreden, Briefe).
Storm, Theodor / Fontane, Theodor: Der Briefwechsel.
Historisch-kritische und kommentierte Ausgabe.
Hrsg. von Gabriele Radecke.
Berlin: Schmidt 2018.
Literatur: Storm
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In: Handbuch Lyrik. Theorie, Analyse, Geschichte.
Hrsg. von Dieter Lamping.
2. Aufl. Stuttgart 2016, S. 2-15.
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Leben - Werk - Wirkung.
Stuttgart 2017.
Eversberg, Gerd: "Ein Blick in des Dichters geheimste Werkstatt."
Theodor Storms Mörike-Bild.
Mit Photographien und anderen Bildern aus dem Nachlass der Dichter.
In: Schriften der Theodor-Storm-Gesellschaft 59 (2010), S. 105-126.
Eversberg, Gerd: Theodor Storms literarische Sozialisation.
Die humanistische Reform der schleswig-holsteinischen Gelehrtenschulen nach 1814.
In: Schulprogramme Höherer Lehranstalten.
Interdisziplinäre Perspektiven auf eine wiederentdeckte
bildungs- und kulturwissenschaftliche Quellengattung.
Hrsg. von Norman Ächtler.
Hannover 2021, S. 331-353.
Häntzschel, Günter: Die deutschsprachigen Lyrikanthologien 1840 bis 1914.
Sozialgeschichte der Lyrik des 19. Jahrhunderts.
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Petersen, Anne: Die 'natürliche' und die 'poetische Wahrheit' in der Lyrik Theodor Storms.
Zu den Begriffen 'Realismus' und 'Erlebnis', bezogen auf Storms lyrisches Werk.
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Hrsg. von Christian Begemann u. Simon Bunke.
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Lyrik als Gattung in poetologischer Lyrik, Poetik und Ästhetik des 19. Jahrhunderts.
In: Lyrik im 19. Jahrhundert. Gattungspoetik als Reflexionsmedium der Kultur.
Hrsg. von Steffen Martus u.a.
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Ruprecht, Dorothea: Untersuchungen zum Lyrikverständnis in Kunsttheorie,
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Scherer, Stefan: Anti-Romantik (Tieck, Storm, Liliencron). In:
Lyrik im 19. Jahrhundert. Gattungspoetik als Reflexionsmedium der Kultur. Hrsg. von Steffen Martus u.a.
Bern u.a. 2005 (= Publikationen zur Zeitschrift für Germanistik, 11), S. 205-236.
Stockinger, Claudia: Poesie und Wissenschaft als Religion.
Kunstreligiöse Konzepte im 19. Jahrhundert (Henry James, Theodor Storm).
In: Kunstreligion. Ein ästhetisches Konzept der Moderne in seiner historischen Entfaltung.
Bd. 2: Die Radikalisierung des Konzepts nach 1850.
Hrsg. von Albert Meier u.a.
Berlin u.a. 2012, S. 11-39.
Edition
Lyriktheorie » R. Brandmeyer